Ich mache mich selbstständig! Mein eigener Chef sein – endlich keine Bürokratie mehr, kein Mobbing, keine erstarrte Beziehungskiste, keine Dauerfrustration, kein Knoten im Magen am Montagmorgen. Ich werde endlich tun, was ich mag. Und dabei richtig Geld machen! So oder ähnlich denken viele Gründer.
An dem Tag, an dem das erste eigene, kleine Büro angemietet wird, schlägt die Begeisterung nicht selten in Euphorie um. Es geht voran, endlich kann man ganz vorne mit dabei sein. Ohne Frage: Die ersten Wochen und Monate des Selbstständigen-Daseins können wirklich schön sein. Die rosarote Brille macht jedoch häufig unvorsichtig. Gern übersieht man die kleinen Schönheitsfehler und Unsicherheiten, die sich schleichend zu echten Problemen auftürmen.
Es sind immer wieder die gleichen Themen, die in der Gründergemeinschaft für Ärger sorgen. Sie sollen hier in Kürze dargestellt werden, um dem geneigten Leser, der sich für eine Unternehmensgründung interessiert, als Spickzettel zu dienen.
1. Fallstrick: Ohne Kapital gründen
Der Haken:
Nur zu oft hängen Gründer dem „American Dream“ an, ohne zu beachten, dass auch gern als Beispiele angeführte Leuchtfiguren wie Bill Gates oder Steve Jobs (geschweige denn Starbucks oder McDonald’s) von Anfang an mit ordentlicher Kapitalausstattung dank finanzstarker Investoren operierten. So dramatisch es sich anhört, es muss gesagt werden: Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass Sie mit eigenen Mitteln ans Ziel kommen. Wenn Sie so wohlhabend wären, um es auf diese Weise schaffen zu können, dann wären Sie vermutlich selbst ein Investor und kein Gründer.
Tipps:
- Entwickeln Sie einen Geschäftsplan, in dem unter anderem der Finanzbedarf und die Gewinnentwicklung klar aufgezeichnet sind. Haben Sie keine Angst vor großen Zahlen; Investoren interessieren sich nicht für kleine Fische.
- Suchen Sie sich einen soliden Investor, der Ihre Idee richtig gut findet. Wenn er für Ihre Idee keine klare Begeisterung zeigt, wird er abspringen, sobald eine Abweichung von Ihrer Projektion auftritt – und dann haben Sie ein ernstes Problem.
2. Fallstrick: Die „Me-Too-Strategie“ verfolgen
Der Haken:
Sie haben gesehen, dass der Unternehmer X mit Sockenversand im Internet Erfolg hat – das wollen Sie jetzt auch. Sie denken vielleicht: „Das kann man doch besser machen.“ Aber vergessen Sie nicht: X hat sich mit der Zeit einen erheblichen Vorsprung erarbeitet. Dabei geht es nicht nur um das Produkt-Know-how, sondern auch um das kaufmännische und technische Verständnis für das Geschäft. X hat die typischen Fehler schon gemacht und daraus gelernt; Sie haben sie noch vor sich. Sie werden auch kaum die Chance haben, Ihren Mitbewerber über den Preis zu schlagen; er ist schon viel weiter und wird vermutlich längst in China fertigen oder in Indien entwickeln lassen, und dieser Vorteil kann für Sie eine unüberwindbare Hürde darstellen.
Es gibt selten einen wirklich guten Grund für eine Me-too-Strategie. In bestimmten Fällen kann es zu dieser Regel eine Ausnahme geben, zum Beispiel im Franchise-Bereich oder wenn die Konkurrenz aus dem Ausland kommt (insbesondere aus den USA) und Sie hoffen, dass sie Ihr neugegründetes Unternehmen zwecks Expansion in Europa aufkauft. Dies ist vor allem in der Internet-Geschäftswelt immer noch ein recht populärer Geschäftsplan. Trotzdem gründet diese Option in einer äußerst riskanten Strategie, da Expansionen in der globalisierten und zunehmend vernetzten Welt immer einfacher organisch erfolgen können.
Tipps:
- Führen Sie eine umfangreiche Marktanalyse durch. Dies gestaltet sich im Zeitalter leistungsfähiger Suchmaschinen so einfach, dass man zu Recht bestraft wird, wenn man es vernachlässigt.
- Überlegen Sie, ob Sie „in die Breite“ gehen oder doch eher eine attraktive Marktlücke finden und besetzen wollen. Ihr Produkt muss in jedem Fall einen klaren Nutzen anbieten, und zwar mit Sofortwirkung (und nicht erst nach Monaten, was z. B. bei manchen Hautpflegeprodukten unumgänglich ist). Der Mehrwert kann sich unterschiedlich manifestieren: Er kann in einem attraktiven Markennamen bestehen (wenn Ihr Geschäftsmodell auf dem Wiederverkauf renommierter Produkte basiert), in einer besonders einfachen und sicheren Bestellung, einer überaus effektiven und effizienten Kundenbetreuung oder einfach in einer ganz praktischen Nützlichkeit im Alltag. Zum Beispiel spart Ihr Produkt eine Menge Zeit bei der Wartung eines Fahrzeugs oder bei Küchenarbeiten, ermöglicht mobile Kommunikation mit bisher unerreichbaren Geschäftspartnern, befähigt Ihre Kunden zu schnelleren Reaktionszeiten bei Geschäftsvorgängen und so weiter. Im Fachjargon wird dies USP – Unique Selling Proposition – genannt. Auch hier gilt das klare, gesunde Egoismusprinzip: Ihr Produkt bringt dem Kunden persönlich wesentliche Vorteile, oder es verschwindet bald vom Markt.
3. Fallstrick: Mitarbeiter als Freunde ansehen
Der Haken:
So hart es sich anhört: Ihre Mitarbeiter sind nicht Ihre Freunde, denn sie haben kein rationales Interesse daran, sich vordergründig für Ihren Ruhestand einzusetzen. In der Arbeitswelt herrscht natürlicherweise Egoismus, an dem sich auch dann nichts ändert, wenn man in einem aufregenden Start-up arbeitet. Auch wenn die soziale Atmosphäre in einem Start-up oftmals familienähnlich erscheint, sollten Sie sich klarmachen: Bei aller Liebe, es ist eben nicht Ihre Familie, sondern eine ökonomische Zweckgemeinschaft. Natürlich sollten Sie Ihre Mitarbeiter respektieren, immer korrekt behandeln und mit Ihrer Begeisterung anstecken können – das ist das Grundprinzip einer effektiven Führung. Es bedeutet jedoch eine Fehlannahme, dass diese Begeisterung Ihre Mitarbeiter dauerhaft bei der Stange halte, obwohl die Gehälter womöglich nicht wettbewerbsfähig und die Aufstiegsmöglichkeiten wegen der nicht ausreichenden Wachstumsperspektive nicht so schnell realisierbar sind, wie Sie es beim Vorstellungsgespräch dargestellt haben.
Zu den möglichen Folgen dieser unglücklichen Entwicklung gehören wahre Schreckgespenster der Personalführung wie Demotivation, schlechte Stimmung im Team, Kündigungen und schlimmstenfalls ein an Sabotage grenzendes, aus Frustration und Verärgerung resultierendes obstruktives Verhalten.
Tipps:
- Insbesondere in Deutschland können Sie junge Talente kaum mit der Aussicht auf einen Börsengang und millionenschwere Gewinne bei der Einlösung von Aktienoptionen ködern. Nach der geplatzten Internetblase ist dieses Modell stark in Verruf geraten. Ihre Mitarbeiter wollen in der Regel einfach einen interessanten Job und ein vernünftiges Gehalt. Das geht natürlich nur dann, wenn Sie den Fehler Nummer eins umschiffen konnten.
- Sorgen Sie für klare Arbeitsverträge. Investieren Sie dabei in den Rat Ihres Anwalts. Versuchen Sie hier nicht zu sparen. Diesen Anwalt werden Sie nämlich eines Tages wieder brauchen und sich dann freuen, dass er die Geschichte Ihres Unternehmens bereits kennt und sich daher persönlich für Ihr Wohlergehen interessiert.
- Informieren Sie sich detailliert über die deutschen Arbeitsgesetze. Definieren Sie klare Betriebsrichtlinien und setzen Sie diese auch um. Dies betrifft Urlaubsregelungen, Verhalten gegenüber Kunden, monatliche Spesenabrechnungen, Telefonkosten, Internetnutzung, mögliche Dienstwagenregelungen und so weiter.
- Entwickeln Sie eine langfristige Personalstrategie. Welche Fähigkeiten benötigt Ihr Betrieb? Wie treten Sie auf dem Arbeitsmarkt auf? Wie wird Ihr Personalbedarf morgen, in einem Jahr, in zwei Jahren aussehen? Benötigen Sie feste Mitarbeiter oder sollten Sie bestimmte Aufgaben vielleicht lieber nach außen vergeben? Diese Fragen sollten Sie sich schriftlich beantworten und die Strategie immer wieder aufs Neue prüfen.
4. Fallstrick: Hürden bei der Kreditvergabe unterschätzen
Der Haken:
Sollten Sie denken, dass die Bank Ihnen helfe, nur, weil Sie Vorstandsvorsitzender einer eigenen Aktiengesellschaft sind, so dürften Sie schnell enttäuscht werden. In den letzten zehn Jahren wurden die Kreditvergaberegeln durch die Baseler Richtlinien deutlich verschärft. Auch wenn Sie Millionenumsatz und Gewinn machen, ist dies kein Grund zu hoffen, dass man Sie ohne Weiteres mit bezahlbaren Krediten versorgt. Erschwerend kommt hinzu, dass Ihr Unternehmen noch recht jung ist und daher kein fundiertes Vertrauen zu Ihrem Geldinstitut aufgebaut werden konnte. Ihre Bank wird sich zwar für Ihre Liquidität interessieren, doch viel wichtiger sind Sicherheiten. Das bedeutet konkret: Immobilien, und zwar mit Vorliebe Ihre persönliche Immobilie wie z. B. Ihr Eigenheim. Können Sie diese nicht vorweisen, dann wird die Kreditsuche schwierig werden.
Tipps:
- Wenn Sie plötzlich ganz dringend – sofort! – einen Kredit benötigen, so sind Sie auf Sicherheiten angewiesen. Betrachten Sie eine Kreditaufnahme immer als den allerletzten Ausweg. Haben Sie nämlich keine Sicherheiten und dazu noch die Sünde Nummer eins begangen, so stecken Sie schnell in ernsten Schwierigkeiten. Andernfalls kann Ihnen Ihr Investor bei der Sicherung der Liquidität behilflich sein.
- Bilden Sie Rücklagen. Im Eifer des Gefechts vergisst man leicht, dass das mühevoll verdiente Geld auf einem unverzinsten Girokonto liegt. Sorgen Sie umgehend dafür, dass ein unabhängiger, vertrauenswürdiger Finanzberater Ihnen bei der Auswahl sinnvoller Finanzprodukte hilft.
5. Fallstrick: Zu viel in Außenwirkung investieren
Der Haken:
Möchten nicht auch Sie einmal bei Ihrem Geschäftspartner mit einem nagelneuen Luxusauto vorfahren? Mit dem Wall-Street-Charme eines Armani-Anzugs und einer goldenen Uhr punkten? Gleich von Anfang an zu verstehen geben, wer oben und wer unten ist? Dann sind Sie nicht alleine. Immer wieder tappen Gründer in diese Außenwirkungsfalle. Man gerät leicht in die Versuchung, Eindruck zu schinden, um sich Vorteile bei Verhandlungen zu verschaffen. Doch das birgt Gefahren.
Erstens: In der Gründungsphase zählt jeder Cent. Schnell übersieht man, dass teure Autos eine ebenso teure Wartung benötigen, vom Kraftstoffverbrauch und vom Kauf- oder Leasingpreis ganz abgesehen. Auch die steuerlichen Aspekte darf man dabei keinesfalls übersehen; die deutsche Ein-Prozent-Regelung ist enorm teuer, und dies merkt man im ungünstigsten Fall erst beim Jahresabschluss. Das kann sich in Liquiditätsengpässen dramatisch, sogar existenzbedrohlich auswirken.
Zweitens: Nicht jeder wird dadurch positiv beeindruckt. Zugegebenermaßen kommt es vor, dass Geschäftspartner Sie tatsächlich bis zu Ihrem Auto begleiten, um sicherzugehen, dass Sie „seriös“ sind. Doch das bildet eher eine Ausnahme. Es ist nämlich ebenso gut möglich, dass man genau die entgegengesetzte Wirkung erzielt: Geschäftspartner werden abgeschreckt, denn sie fürchten eine überhöhte Erwartungshaltung, z. B. im Bezug auf den Dienstleistungs- oder Produktpreis.
Tipps:
- Wenn Sie ein Auto benötigen, seien Sie vorsichtig. Aus Leasingverträgen kommt man unmöglich ohne deftige Strafgebühren heraus. Prüfen Sie also, ob ein Mittelklasseauto ausreicht (das ist meist der Fall). Denken Sie an den praktischen Bedarf, weniger an die Marke: Sind Sie berufsbedingt ein Vielfahrer? Ein kräftiger und ruhiger Dieselmotor spart Geld und schont Nerven, und gute Sitze und eine vernünftige Multimediaausstattung reduzieren den Reisestress. Müssen Sie größere Geräte transportieren? Dann ist vielleicht ein Kombi oder ein Van die Lösung. Es macht einen großen Unterschied, ob Sie beim Kunden pünktlich und entspannt oder entnervt und auf den letzten Drücker ankommen.
- Eine billige Hose, die schon nach einer kurzen Autoreise zerknittert ist und beim Kundenbesuch bereits nach dem Bügeleisen schreit, kann sich für Ihre Geschäftsaktivitäten nachteilig auswirken. Bedenken Sie: Den ersten Eindruck können Sie nicht wiederholen. Dabei geht es nicht darum, dass Sie teure Markenkleider und goldene Stecknadeln in der Krawatte tragen. Investieren Sie in Qualität und nicht in bekannte Marken oder Statussymbole. Sorgen Sie generell für ein möglichst gutes, gepflegtes persönliches Erscheinungsbild (Haarschnitt, Bekleidung etc.).
- Wenn Sie Statussymbole lieben, dann überlegen Sie, was relativ zur wirtschaftlichen Kraft Ihres Unternehmens passt. Wenn Sie beim Kauf eines teuren Mahagoni-Büros mit vergoldeten Tischlampen ein ungutes Gefühl im Magen haben, dann sollten Sie Ihre Intuition ernst nehmen und die Anschaffung noch einmal überdenken.
6. Fallstrick: Verwaltungsaufwand unterschätzen
Der Haken:
Es könnte so schön sein: Sie kommen ins Büro und lesen zunächst die Wirtschaftszeitung, bevor Sie in aller Ruhe an neuen Geschäftsideen arbeiten. Doch die Realität gestaltet sich oft ganz anders. Mancher Gründer reibt sich verwundert die Augen angesichts dessen, was er in seinem Briefkasten vorfindet, sobald er sein Unternehmen angemeldet hat. Zwangsabgaben verschiedener Art, Zwangsversicherungen, eine Reihe verschiedener Steuerarten – all das schreit nach Ihrer Aufmerksamkeit. Allein die monatliche Vorsteuererklärung mit allen damit verbundenen Vorgaben kann einen ganzen Arbeitstag verschlingen. Mit den ersten Mitarbeitern wird es noch komplizierter: Löhne und Gehälter müssen korrekt berechnet werden, was komplex und aufwendig werden kann. Ein Fehler in der Gehaltsabrechnung kann die Beziehung zu den Mitarbeitern belasten – das Risiko wird spätestens nach dem ersten Patzer voll offenbar.
Behördengänge, Jahresabschlüsse, Versicherungspolicen, Sozialversicherung, Steuern, Gestaltung von Mitarbeiter- und Kundenverträgen, Rundfunkbeitrag und so weiter – all das bedeutet einen erheblichen Zeitaufwand, der jeden Monat mehrere Tage ausmachen kann. Auf einmal fehlt dann die Zeit für das eigentliche Geschäft, der Gründer arbeitet nun regelmäßig samstags und sonntags – und „verwaltet sich zu Tode“.
Tipps:
- Outsourcen Sie Aufgaben, die nicht zu Ihrem Kerngeschäft gehören. Steuerberater, Anwalt, IT-Spezialist, Reinigungspersonal – sie können es in ihren Bereichen einfach besser, schneller und günstiger als Sie. Denn Ihre Zeit ist teuer und vor allem dazu da, sich auf Ihr eigentliches Geschäft zu konzentrieren, von dem Ihre Zukunft abhängt.
- Informieren Sie sich. Auch wenn Sie bereits die Gehaltsabrechnung, Vertragsgestaltung etc. abgegeben haben, ist es trotzdem ratsam, stets auf dem Laufenden zu sein. Welche neuen Steuergesetze gibt es? Wie wirkt sich die Ein-Prozent-Regelung auf die Sozialabgaben aus? Welche EU-Vorschriften treten in Ihrem Bereich demnächst in Kraft? Als Unternehmer tragen Sie letztendlich die gesamte Verantwortung für Ihr Tagesgeschäft. Gute Entscheidungen benötigen eine solide Informationsbasis, und diese können und müssen Sie sich beschaffen. Ob das über einschlägige Newsletter, Websites, Fachbücher, Zeitschriften oder gar Schulungen und Seminare erfolgt, ist sekundär. Denken Sie daran: Ihr Leben ist schlicht zu kurz, um alles aus eigenen Fehlern zu lernen. Besser, Sie lernen vorher aus Fehlern anderer.
- Betreiben Sie systematisches Zeitmanagement. Es gibt viele gute Bücher dazu. Dort finden Sie eine Menge guter Empfehlungen, etwa: „Multitasking“ (ständige Unterbrechungen, etwa durch E-Mails oder SMS) abstellen, für Ihre E-Mail einen wirksamen Spamfilter anwenden, einen guten Terminplaner (Outlook oder anderes Werkzeug) mit Erinnerungsfunktion verwenden, sämtliche Anrufe von einem Assistenten entgegennehmen (um unsinnige Vertriebsanfragen herauszufiltern) und nur relevante Gespräche durchstellen lassen, Werbepost ausfiltern lassen u. v. m. Übrigens sollten Sie diese Maßnahmen auch Ihren Mitarbeitern verordnen.
7. Fallstrick: Auf Lorbeeren ausruhen
Der Haken:
Der Jahresumsatz war gut, die GuV und die Bilanz sehen toll aus: Sie haben einen ordentlichen Gewinn erwirtschaftet. Es ist geschafft! Nun sind Sie ein erfolgreicher Gründer. Es läuft besser als erwartet – und es sieht fast so aus, als würde es so weitergehen. Jetzt kann man endlich in den langersehnten Urlaub fliegen!
So oder ähnlich denken viele Gründer nach einem guten Jahr. Gern übersieht man, dass man vielleicht gerade den richtigen Augenblick im Konjunkturzyklus erwischt hat, dass der gesamte Umsatz mit einem einzigen Kunden erwirtschaftet wurde, dass es zum angebotenen Produkt immer mehr (häufig billigere und trotzdem qualitativ gute) Konkurrenzprodukte gibt oder dass man vielleicht einfach zwei Jahre lang richtig Glück gehabt hat. Das kommende Jahr kann böse Überraschungen mit sich bringen. Dazu gehören unangenehme Ereignisse wie ein wirtschaftlicher Abschwung, eine Insolvenz Ihres Schlüsselkunden, eine unerwartete Konkurrenz aus Fernost, eine Änderung der Steuergesetzgebung – in der Wirtschaft ist immer alles in Bewegung. Die Folgen können dramatisch sein: Nicht selten brechen Umsätze und Gewinne kleiner Unternehmen um bis zu 80 Prozent ein, wenn ein wichtiger Kunde sich urplötzlich für einen anderen Lieferanten entscheidet.
Tipps:
- Was ist Ihre Unternehmensstrategie? Haben Sie Ihre strategischen Ziele für das laufende Jahr erreicht? Wenn Sie Ihren Geschäftsplan gewissenhaft erstellt haben, werden Sie diese Frage direkt beantworten können. Andernfalls müssen Sie die strategische Planung schleunigst nachholen. Klären Sie dabei unter anderem, welche Marktstellung Sie mit Ihren Produkten erreichen und welche Produktpalette Sie jetzt und in Zukunft anbieten möchten, welche Preispolitik Erfolg versprechend ist, welche Marketingmaßnahmen Sie benötigen und wie Ihr Vertriebskonzept aussieht.
- Betreiben Sie ein systematisches Risikomanagement. Dazu gibt es reichlich gute Literatur. Auch Werkzeuge wie Szenarioanalysen helfen, die richtige Vorgehensweise zu wählen. Wiederholen Sie die Risikoanalyse in bestimmten Zeitabständen.
- Seien Sie bescheiden. Hochmut kommt vor dem Fall – und das nicht so selten, wie man vielleicht denkt. Die richtige, nüchterne Lebenseinstellung hilft sehr, rational statt emotional zu denken und zu entscheiden. Ungeachtet der tatsächlichen oder inszenierten Emotionalität, die in der Wirtschaft immer wieder hochgehalten wird, sind Tugenden wie Ruhe, systematische Planung und Rationalität für den Geschäftserfolg entscheidend.
8. Fallstrick: Nicht delegieren können
Der Haken:
„Man muss aber auch alles selbst machen!“ Wer hat das nicht schon einmal gedacht? Hat man eine Aufgabe abgegeben, weicht das Ergebnis manchmal so weit vom angedachten Ziel ab, dass man danach womöglich alles noch einmal selbst angehen muss. Hat man diese Erfahrung mehrmals gemacht, so ist die Versuchung groß, künftig tatsächlich alles selbst zu erledigen. Es geht ja „schneller“.
Wenn Sie als Einzelunternehmer oder Freiberufler praktisch alles selbst erledigen, so ist das vielleicht gerade noch machbar, vor allem dann, wenn Sie bereit sind regelmäßig an Wochenenden zu arbeiten. Sobald Sie jedoch Mitarbeiter haben, ist es mit dem notorischen Selfmademan schnell vorbei. Häufig betreiben frischgebackene Firmenlenker ein extensives Mikromanagement, überprüfen jeden Schritt ihrer Mitarbeiter mehrfach und machen sich generell unendlich viel Zusatzarbeit. Das Ergebnis kann ein Burn-out sein, ein Syndrom, das arbeitsunfähig macht und normalerweise das Aus für ein kleines Unternehmen bedeutet.
Tipps:
- Überlegen Sie in aller Ruhe, was Sie unbedingt selbst machen müssen und was eventuell jemand anderes für Sie erledigen kann. Doch Vorsicht: Marketing und Vertrieb – diese Aufgaben sollte man lieber weiter als Chefsache betrachten. Aber Belange wie Büroverwaltung, Buchhaltung, EDV etc. können andere auch gut oder besser als Sie.
- Stellen Sie nur Mitarbeiter ein, wenn es Ihnen unausweichlich erscheint. Wenn es dann aber so weit ist, gehen Sie grundsätzlich davon aus, dass Ihre Arbeitsbelastung am Anfang häufig erst einmal steigt. Ihre neuen Mitarbeiter müssen die betrieblichen Abläufe verinnerlichen und die häufig ungeordnet in Ihrem Kopf schwirrenden wichtigen Informationen bezüglich Tagesablauf, Umgang mit den Kunden, Durchführung bestimmter Aufgaben etc. aus Ihnen herausbekommen. Es dauert eben seine Zeit, bis Sie eine spürbare Erleichterung erfahren, und diese Durststrecke müssen Sie durchhalten können. Doch es lohnt sich meist, denn danach haben Sie tatsächlich mehr Zeit für Ihre Kernaufgaben.
- Sparen Sie nicht an Ihren Mitarbeitern. Stellen Sie die besten Leute ein, die Sie auf dem Markt finden können. Im Bereich der Softwareentwicklung beispielsweise ist der beste Mitarbeiter um den Faktor zehn (!) produktiver als der schwächste. Doch auch dieser verdient nicht nur ein Zehntel des Gehalts des Primus. Dies ist in anderen Unternehmensbereichen nicht wesentlich anders. Daher sollte das Streben nach Topmitarbeitern unbedingt in Ihrer Personalstrategie eine Kernrichtlinie bilden (siehe auch Tipps unter Fallstrick 3).
9. Fallstrick: Sich vernachlässigen
Der Haken:
Ein Workaholic zu sein erscheint nicht verwerflich. Das zweifelhafte Vorbild eines Managers, der Tag und Nacht, sieben Tage die Woche arbeitet, mutet harmlos, ja sympathisch und respektabel an. Doch in der Realität ist es alles andere als wünschenswert. Jahrelange Belastung dieser Art kann für Ihre Gesundheit ruinös sein. Der womöglich daraus resultierende Burn-out stellt dabei sogar noch das kleinste Übel dar. Denn das Immunsystem des Homo sapiens ist nicht für eine Dauerbelastung dieser Art ausgelegt; früher oder später häufen sich Erkrankungen und unspezifische Symptome, die zu empfindlichen chronischen oder akuten Gesundheitsschäden führen können. „Junge Menschen wollen Geld ungeachtet ihrer Gesundheit, im Alter wollen sie Gesundheit ungeachtet des Geldes“, diagnostizieren erfahrene Mediziner. Diesen Spruch sollte man ernst nehmen.
Tipps:
- Bauen Sie regelmäßige Pausen in Ihren Zeitplan ein. Es kann eine Golfpartie sein, aber auch einfach ein Computerspiel oder unbeschwerte Zeit mit der Familie – Hauptsache, Sie schalten ab und denken mindestens einmal die Woche an etwas Anderes. Im Übrigen, auch wenn es sich nach einer Floskel anhört: Regelmäßige körperliche Betätigung kann für Ihre persönliche Erscheinung und für Ihre Entscheidungsfähigkeit wahre Wunder bewirken.
- Apropos Familie: Denken Sie daran, dass Sie Ihre Familie nun wirklich dringend brauchen. Ohne deren Unterstützung wird Ihre Motivation in denkbar ungünstigen Augenblicken in ungeahnte Tiefen stürzen. Das Familienleben braucht Zeit und Rituale, und es ist dringend ratsam, die Geduld Ihrer Familie nicht überzustrapazieren, die Erziehung Ihrer Kinder nicht zu vernachlässigen und das gesamte Familienumfeld angemessen zu pflegen.
10. Fallstrick: Geschäftsbeziehungen vernachlässigen
Der Haken:
Die traditionelle Betriebswirtschaftslehre kennt keine Emotionen. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage bildet demnach den Dreh- und Angelpunkt des Geschäftslebens. Hat man ein gutes Produkt, das ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist als das des Wettbewerbers, so ist man automatisch erfolgreich – sagt die Theorie.
Doch so einfach ist das in der Realität nicht. Was vielleicht im Einzelhandel nicht so offensichtlich ist, tritt im Business-to-Business-Geschäft schon stärker zutage: Geschäfte werden auf der persönlichen Ebene gemacht. Wenn die „Chemie“ zwischen Kunden und Lieferanten stimmt, dann ist die kommerzielle Einigung häufig eine selbstverständliche Nebensache. Das hört sich vielleicht nach Klüngel und Vetternwirtschaft an, ist es aber nicht zwangsläufig. Irgendwo zwischen der reinen Wirtschaftslehre und einer wirtschaftskriminellen Interessenverflechtung liegt das durchaus legale Optimum der Geschäftsbeziehungspflege.
Haben Sie sich schon einmal darüber gewundert, dass gute Vertriebsmanager häufig fürstlich vergütet werden? Sie werden dafür bezahlt, dass sie das kommerzielle Beziehungsspiel perfektioniert haben. Am anderen Ende der Skala steht ein Unternehmer, der sich lediglich auf Internetanzeigen und Kaltakquise verlässt und sich dann wundert, dass der Umsatz seines Unternehmens stagniert, seine Kunden uneingeschränkt offen für Alternativen bleiben und seine Mitbewerber ihn rechts und links überholen.
Tipps:
- Netzwerken, netzwerken, netzwerken. Das aber richtig. Es lohnt sich nämlich kaum, anonyme Massenveranstaltungen zu besuchen. Auch soziale Internet-Netzwerke wie Facebook oder XING helfen wenig. Ein persönliches Gespräch ist durch nichts zu ersetzen. Gute Orte zum Netzwerken sind spezielle Fachmessen, sorgfältig ausgesuchte Kongresse, lokale Business Clubs, Golfclubs etc.
- Insbesondere im B2B-Geschäft ist nichts wertvoller als eine persönliche Empfehlung eines Arbeitskollegen, eines Geschäftspartners oder einer anderen Drittperson, mit der Sie bei einem Projekt schon einmal gut zusammengearbeitet haben. Diese Beziehungen neigen jedoch dazu, nach einiger Zeit zu erkalten, und können dann nicht mehr genutzt werden. Ihre Aufgabe als Unternehmer muss es sein, sie „warmzuhalten“.
- Denken Sie an Ihre ehemaligen Mitschüler, Kommilitonen, Mitarbeiter, Freunde, Familie. Denn da finden Sie überdurchschnittlich viele Menschen, die es gut mit Ihnen meinen.
- Vergessen Sie nicht: Beziehungspflege kostet Zeit und Geld. Damit sie nicht zum Stressfaktor wird, sollten Sie das von vornherein akzeptieren und – wenn möglich – einplanen.
Schlusswort
Natürlich gibt es noch weitere Gefahren und Fallstricke im Geschäftsleben, die hier nicht erfasst wurden. Faktoren wie eine positive Denkweise, die richtige Ausbildung, ausgewogene Ernährung und so weiter – all das ist natürlich auch wichtig, genügt aber noch nicht. Dass die innovative Produktidee eine Grundvoraussetzung für den Erfolg bildet, steht natürlich außer Frage. Wenn Gründer die oben aufgezeichneten typischen Fehler vermeiden können, steht dem kommerziellen Erfolg nichts mehr im Wege.
Meine Tante möchte sich selbständig machen mit einem Cafe. Finanziell ist sie gut aufgestellt. Ich wusste gar nicht, dass ein Geschäftsplan so von Bedeutung hat um Investoren mit ins Boot zuholen. Freunde haben uns geraten einen Spezialisten für eine Unternehmensgründung aufzusuchen.
Aber selbstverständlich ist ein Geschäftsplan essenziell. Es gibt zwei Komponenten die bei der Geschäftsidee Investoren interessiert:
1. Eine sinnvolle Idee (wichtig)
2. Die Gründerpersönlichkeit (noch wichtiger)
Entscheidend ist es, dass der Gründer (die Gründerin) ein erfolgreicher Verkäufer ist. Das beginnt eben mit dem „Verkauf“ des „Produkts“ (Businessplan) an den Kunden (die Investoren).